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Couragiertes Führen

Von: Prof. Dr. Dirk Zupancic am 01.09.2022

Nicht nur die Schmetterlinge, auch die Ameisen fordern und fördern

Prof. Dr. Dirk Zupancic ist Experte für Unternehmensstrategie, Führung, B-to-B-Vertrieb und -Marketing.

Viele Führungskräfte kümmern sich gern und intensiv um die engagierten Schmetterlinge unter den Mitarbeitenden, vernachlässigen aber die fleißigen Ameisen. Das ist Wohlfühl-Führung und kontraproduktiv.

Vielbeschäftigte Geschäftsführer und Inhaber konzentrieren sich in ihrer Führungsarbeit oft auf die freiheitsliebenden und selbstorganisiert arbeitenden Schmetterlinge, die selbstbestimmt nach Schönheit und Sinnhaftigkeit im Job flattern. Das gilt ebenso für KMU-Führungskräfte. Eine mitreißende Vision und begeisternde Zielbilder malen – das fällt ihnen meistens leicht. Dann gibt es auch noch die Ameisen, die zwar emsig und fleißig, jedoch eher mit einer Nine-to-five-Einstellung herumkrabbeln und klare Anweisungen und nach geleisteter Arbeit Lob und Anerkennung benötigen. Das ist für die Führungskräfte mühseliger und langweiliger als der Aufenthalt in der bunt-spannenden Schmetterlingswelt. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Schmetterlinge wollen agiles New-Work-Leadership, die Ameisen klassisch-traditionelle Old-School-Führung.

Allerdings: Die Herausforderung besteht darin, die Potenziale ALLER Mitarbeitenden zu entfesseln, die der Schmetterlinge und der Ameisen. Dazu sind vier Schritte notwendig.

Prof. Dr. Dirk Zupancic ist Experte für Unternehmensstrategie, Führung, B-to-B-Vertrieb und -Marketing.

Schritt 1: Verabschieden Sie sich von der Glorifizierung der Schmetterlingswelt

Nach meiner Beobachtung versäumen es die agilen Leader, wie sie überall gefordert werden, die Ameisen-Mitarbeitenden mitzunehmen. Das liegt zum Teil an der einseitigen Glorifizierung des agilen Leaderships. Aber es ist ein Denkfehler, davon auszugehen, die Arbeitswelt bestehe nur aus hochmotivierten Wissensarbeitenden und kreativen Schmetterlingen. In der überschaubaren KMU-Welt müssen Sie alle Mitarbeitenden in den Blick nehmen und die Potenziale auch der Ameisen, die unspektakulär Arbeitsstapel abarbeiten, in den Fokus rücken. Denn gerade hier liegen Potenziale brach. Das gilt insbesondere für die Low Performer, also diejenigen Ihrer Mitarbeitenden, die schlechtere Arbeitsergebnisse erzielen, als im Vergleich zu ihren Qualifikationen zu erwarten wäre.

Schritt 2: Schöpfen Sie die Potenziale der Low Performer aus

High Performer fordern Potenzialentwicklung, sie wollen jeden Tag ein Stück besser werden. Bei den Low Performern ist Ihre Führung gefragt. Gehen Sie auf sie zu, finden Sie gemeinsam heraus, warum sie weniger leisten als sie könnten, und räumen Sie die Stolpersteine konsequent aus dem Weg. Stimmen die Qualifikationen des Mitarbeitenden und die Anforderungen der Position nicht überein? Vielleicht hilft eine Fortbildung weiter oder die Begleitung durch einen Mentor oder die Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz.

Scheuen Sie sich nicht, unbequeme Entscheidungen zu treffen. Wenn der Low Performer sich sperrt und nicht daran mitwirken will, seine Arbeitsergebnisse zu verbessern, ist ein ernsthaftes Gespräch unumgänglich, bei dem Klartext angesagt ist. Notfalls ist eine Trennung unvermeidlich. Viele Führungskräfte scheuen das harte Konflikt- und Kritikgespräch, und niemand wird Führungskraft, um Kündigungen auszusprechen. Aber Führung findet nicht nur in einer Wohlfühlatmosphäre statt, sondern erfordert ein couragiertes und entschlossenes Auftreten, um Situationen aufzulösen, die für das Unternehmen gefährlich sind.

Schritt 3: Stärken Sie die Stärken

Um in der Tierwelt zu bleiben: Es ist unsinnig, vom Fisch zu verlangen, auf den Baum zu klettern. Oder Gepard, Schlange, Pinguin, Robbe und Affe im 100-Meter-Lauf gegeneinander antreten zu lassen, um dem Gewinner die vakante Position zu übertragen. Es geht darum, Mitarbeitende zielgenau zu fordern und zu fördern, die jeweiligen Stärken herauszufiltern und zu optimieren und jedem die Aufgabe zu übertragen, für die er die besten Voraussetzungen mitbringt.

Zur couragierten Führung gehört die selbstkritische Hinterfragung Ihrer Führungsarbeit: Gehören Sie zu den Chefs und Chefinnen, die die Mitarbeitenden in einen Konkurrenzkampf schicken, bei dem im 100-Meter-Lauf das Ergebnis angesichts der unterschiedlichen Einstiegsvoraussetzungen von vornherein feststeht? Oder sind Sie willens und fähig, Gepard, Schlange, Pinguin, Robbe, Affe und überdies den Fisch individuell zu begleiten?

Schritt 4: Gehen Sie immer wieder in die Selbstbefragung

Es gibt meiner Erfahrung nach nicht so viele Führungskräfte, die bei der Ursachenforschung für die Minderleistungen der Mitarbeitenden in den Spiegel schauen. Viele hält die Angst vor dem ab, was sie dort zu sehen bekommen. Zur Selbstbefragung gehören Courage und Mut, ebenso wie für die Entscheidung, dabei die Komfortzone zu verlassen und den Selbstreflexionsbereich zu betreten, in dem die schmerzhaften persönlichen Wachstums- und Lernprozesse warten.

Allerdings: Die Selbstreflexion wirft zugleich ein Licht auf das, was funktioniert und gut läuft. Und das ist Ihr Ansatzpunkt, auch Ihre Stärken zu entfesseln und Ihre Potenziale zu heben.

Der Autor

Dirk Zupancic ist Inhaber und Geschäftsführer der DZP Prof. Dr. Dirk Zupancic Projects GmbH und Experte für Unternehmensstrategie, Führung, Business-to-Business-Vertrieb und -Marketing. Er stammt aus der Schule der renommierten Universität St. Gallen (HSG) und ist leidenschaftlicher Verfechter von Leistung, Professionalität und Verantwortung in der marktorientierten Unternehmensführung. Zudem ist er Autor mehrerer Bücher. Zuletzt ist von ihm das Buch „Stärken entfesseln! Wie Sie mit couragierter Führung das Potenzial aller Mitarbeitenden ausschöpfen“ (metropolitan 2022) erschienen.

Kontakt

dirk.zupancic(at)dzp-consulting.com, www.dirkzupancic.com

Angaben zum Buch

Dirk Zupancic: Stärken entfesseln! Wie Sie mit couragierter Führung das Potenzial aller Mitarbeitenden ausschöpfen. metropolitan, Regensburg 2022


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