Es bricht die Hochphase der Jahresrückblicke an. Unschwer zu erraten, was wohl das zentrale Thema ist. In der betrieblichen Realität wurde so manches erlebt und erkannt, dass eine Veränderung oft weitere nach sich zieht.
Wenn ich in Gesprächen und Coachings hinhöre, was Führungskräfte beschäftigt und was sie tun, um ihr Unternehmen für die Zukunft fit zu machen, kann ich darauf zählen, dass die Digitalisierung gerne gleich zu Beginn betont wird. Ich spüre aber auch, dass sich da eine Schere auftut. Da sind diejenigen, die Digitalisierung als einen technischen Vorgang ansehen. Es gibt aber auch die anderen, die Technik als das belassen, was sie ist – nämlich schlichtweg Technik. Nach wie vor arbeiten Menschen im Unternehmen und auch Kunden sind und bleiben Menschen.
Führung ist wichtiger als alles Technische und Digitale
Es geht dabei vor allem auch um Inhalte. Ich stelle fest, dass sich die Führungsthemen inhaltlich verändern und das ist eigentlich wichtiger, als die Form, die technischer, digitaler wird. Menschen haben Sorgen – andere und vielleicht mehr als vor eineinhalb Jahren. Menschen leben ein neues Berufsleben – den einen macht das mehr Mühe, den anderen weniger. Manche Mitarbeitende im Homeoffice sind enorm produktiv. Anderen fällt die berühmte Decke auf den Kopf, es kommt zu mentalen Anspannungen, die Leistung leidet. Bei alledem haben Chefinnen und Chefs unter diesen neuartigen Rahmenbedingungen eine gute Führungskultur entwickelt. Denn die Umstände prägen sehr wohl die Führung als auch die Beziehung zu den Mitarbeitenden.
Die neue Übergangsphase
Wir sind in diesen Wochen wieder einmal in einer Übergangsphase. Man versucht einen sinnvollen Weg zwischen Präsenz- und Homeoffice-Arbeiten zu finden. Wer es packt, nutzt diese Unklarheit, in individuellen Einzelgesprächen abzustimmen, was die gegenseitigen Erwartungen zwischen Unternehmen und Mitarbeitenden – und umgekehrt – ist. Wann hat man sich denn das letzte Mal darüber unterhalten, um sich und die Erwartungen voneinander besser kennen zu lernen. Denn im Unternehmen ist es eigentlich genau wie zu Hause: Wann haben Sie Ihre Frau bzw. Ihren Mann das letzte Mal nach seinen Träumen gefragt?
Was sich aber einmal mehr zeigt: Einfach formulierten Direktiven sind kaum das Beste. Das Entweder-Oder deckt nur das Grobe ab – und das mit wenig Nachhaltigkeit. Die einen stellen fest, dass in remoten Zeiten es noch entspannt war, alles Mögliche abzusagen – von Ausbildungsanlässen bis hin zu Mitarbeiterfeiern. Wer da ein feines Sensorium für Budgetkürzungen hat, findet: „Das könne man ja gerade so belassen… denn das schont nicht nur die Umwelt, sondern vor allem auch die Kasse!“
Führen ist auch Strategiearbeit
Die anderen sind froh, dass das endlich vorüber ist und holen wieder alles in den Präsenzmodus. Ironie der Geschichte und eine wahre Begebenheit: Ich wurde angefragt, ob ich einen Vortrag zu „Camera-Acting“ bei diversen Abteilungen und der Geschäftsleitung halte. Der Kunde legt aber Wert darauf, dass wir diesen Vortrag vor Ort und im Meeting-Raum in Präsenzform halten. Finde den Fehler… Sinnvoll ist hier nicht nur eine Mischung, sondern es braucht eine Strategie! Eine Strategie, wie digitales Arbeiten funktioniert. Da sollen Prozesse geschrieben werden und nicht nur Reglemente, die besagen, dass nur ins Homeoffice darf, wer mindestens ein 40-prozentiges Teilzeitpensum hat.
Digitalisierung ist mehr als nur Technik, sie ist in erster Linie eine Führungsarbeit. Dazu gehören Gespräche, Mitarbeiteraustausch und strategisches Denken und Planen. Im Grund ist das nichts Neues, nur inhaltlich halt eben neu – so man dann möchte…
Stefan Häseli ist Kommunikationsexperte, Keynote-Speaker, Moderator und Autor. Er betreibt zudem ein Trainingsunternehmen.
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