BYON DIGITALGEDANKEN Ä Ist die ständige Erreichbarkeit ein Auslaufmodell? Irgendwann streiken Körper und Geist, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ständig vernetzt sind. MM: Menschen reagieren unterschiedlich auf kommunikative Einflüsse. Kommen wir wieder zu unseren Leitplanken. Wir sollten Hilfestellungen geben für den Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, etwa Zeit blöcke, in denen sie nicht erreichbar sein müssen. Sie können jederzeit nachjustiert werden. Ich bin aber nicht gewillt, die Leitplanken so zu begrenzen, dass am Ende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Kommunikationsintensität aushalten kön- nen, sich in ihrer Arbeit einschränken müs- sen. Work-Life-Balance bedeutet auch, dass es keine festen Vorgaben bei der Art und Weise der Kommunikation am Arbeitsplatz gibt. UT: Meine Erfahrung ist, dass die Selbstacht- samkeit zunimmt. Es gibt noch Mitarbeiten - de, die, drastisch gesagt, nicht auf sich selbst aufpassen können und denken, sie müssten immer erreichbar sein. Doch die meisten steuern ihre Erreichbarkeit selbst und in un- serem Unternehmen wissen die Kolleginnen und Kollegen in der Regel Bescheid, wenn jemand ungestört sein möchte oder wen ich auch am Abend erreichen kann. Das gilt für alle Generationen. Kollaborationsplattfor- men, Cloud-Telefonanlagen und Mobiltele- fone lassen inzwischen zu, Benachrichtigun- gen einfach mal abzuschalten und sich damit zu entlasten. Der Gesundheitsfaktor ist be- reits inkludiert und das Individuum steht im Zentrum technologischer Entwicklungen. MM: Das Thema KI bringt Fortschritte mit sich, die angenommen werden können oder nicht. Der Mensch ist in der Lage, die Ent- wicklung mit den veränderten Kommuni- kationsinstrumenten und neuen Möglich- keiten zu gehen. Auch ein „Digital Junkie“ wird einmal sagen, jetzt bin ich eine Weile nicht erreichbar. Ä Können sich ältere Generationen noch an Weiterentwicklungen wie Sprachassistenten, Chatbots, Datenbril - len und Totalvernetzung gewöhnen? UT: Ich denke, es gibt einen Punkt, ab dem es schwerer fällt, den Umgang mit neuen Technologien zu erlernen. Gerade die ver- gangenen Jahre waren sehr dynamisch, Stichwort digitaler Arbeitsplatz. Andererseits ist KI darauf ausgerichtet, Arbeitsprozesse zu vereinfachen. Hier spielt die Einstellung eine Rolle, ob jemand sich darauf einlässt oder nicht, ob etwa Kollaborationsplattformen als zu komplex oder als hilfreich empfunden werden. Es ist eine Gradwanderung zwi- schen Überforderung und Unterstützung. „Kollaborationsplattformen, Cloud-Telefonanlagen und Mobiltelefone lassen inzwischen zu, Benach- richtigungen einfach mal abzuschalten und sich damit zu entlasten.“ Udo Thermer, Geschäftsführer bei byon Ä Welche Anforderung hat die ältere Generation an Kommunikation und ihre Kanäle? UT: Ich denke, dass die ältere Generation gerne zeitnah eine Rückmeldung haben möchte und bei einem platzierten Thema nicht gerne drei Tage lang darüber nachdenkt, ob der andere die Nachricht überhaupt erhalten hat. Das erfordert, dass öfter telefoniert wird. MM: Trotzdem werden auch in ein und der- selben Generation heterogene Kommunika - tionswege gewählt. Ich denke, wir können den Generationen keinen Stempel auf - drücken. Stressempfinden, Belastbarkeit und kommunikative Fähigkeiten sind in einer Generation nicht gleichmäßig verteilt. Na- türlich prägt eine Altersklasse ein Kommu- nikationsinstrument, die jüngste Generation wächst derzeit mit Tablets auf, aber das be- deutet nicht, dass dieses Instrument jeder oder jedem in der Generation gefällt. Ä Kann der Schutz der Kommunika- tionsdaten in der zunehmend vernetzten Welt noch abgebildet werden? UT: Persönliche Daten sind ein sehr hohes Gut. Die Bedrohungslagen etwa durch Er- pressungen sind real und keine Fiktion aus einem James-Bond-Film. Unternehmen müs - sen Mechanismen implementieren, die Ge- fahren abwehren, wie etwa eine Firewall mit durchgehendem proaktivem Monitoring. Es wird leider weiterhin bekannte Fälle von Datendiebstahl geben, die uns daran erinnern, den Datenschutz immer wieder an aktuelle Begebenheiten anzupassen. Dabei müssen die Instrumente und Services in der IT-Se- curity für Unternehmen bezahlbar bleiben. Wird es eine Sehnsucht nach dem Ana- logen, dem Sichbegegnen geben? MM: Ja, die gibt es und gab es schon immer. Dank technischer Entwicklungen wie Video - konferenzen stehen uns mehr Optionen für Begegnungen zur Verfügung. Das ist prima, denn wir können ökologische und zeitliche Aspekte in die Entscheidung miteinfließen lassen, ob das persönliche Treffen notwendig ist. Kommunikationsinstrumente wie Vi - deo telefonie eröffnen die Chance, sinnlose Meetings zu vermeiden und wenn das ana- loge Sichbegegnen stattfindet, nutzen wir diese Zeit intensiver und genießen sie mehr. 18 TeleTalk 3/ 2022 www.teletalk.de