KI MANAGEMENT & INNOVATION Wissen + Können = Kompetenz IST KÜNSTLICHE INTELLIGENZ KOMPETENT? Mit zunehmender Rechnerleistung können Maschinen, wie beispielsweise Chatbots, schneller auf immer umfangreichere Datenbestände zugreifen. Eine mit Fragen ge- fütterte Volltextsuchmaschine kann dann den Eindruck erwecken, man würde mit „jemandem“, einer Künstlichen Intelligenz, einen Dialog führen. Technisch affine Zeitgenossen schwärmen dann von den Möglichkeiten, die sich damit eröffnen. Ängst- lichere Zeitgenossen fürchten, dass Maschinen wohl bald alles wissen, und wer weiß, was dann aus den Menschen wird. Ob es einmal darauf hinausläuft, dass KI in Form freundlich dreinglotzender Plastikroboter, vorsichtshalber nie größer als ein Kind und grundsätzlich ergeben lächelnd, zum dienstbaren Geist wird, oder ob die Menschheit von Terminatoren eins auf die Mütze kriegt: Was einmal wird, kann niemand wissen. Was man hingegen wissen kann ist, dass viel Wissen beeindrucken und verängstigen kann, aber ohne pas- sendes Problem genauso unnütz ist, wie der Stadtplan von Mün- chen in Berlin. Viel zu wissen bringt ohne Problem gar nichts Erst wenn es ein Problem gibt, kann sich zeigen, ob Wissen nicht nur beein- drucken, sondern auch nützen kann. In einem Meer von Wissen das zur Problemlö- sung benötigte passende Wissen zu finden und den Rest beiseite zu lassen, zu vergessen, ist allerdings kein Wissen, sondern Können. Was man aber hinterher, wenn Können wirksam war und es wissensmäßig gepasst hat, nicht mehr erkennen kann. Bei einem Problem, dessen Lösung einen hohen Anteil an Wissen benötigt von sagen wir 98,7%, kann deshalb der Eindruck entstehen, dass eine Maschine, die viel weiß, irgendwann alle Probleme lösen könnte, indem sie das zur Lösung benötigte Wissen aus dem Netz fischt. Sobald zur Lösung aber mehr Können, Initiative, Kreativität und Fantasie benötigt wird, etwa um festzustellen, was überhaupt das Problem ist („Können sie bitte mal schauen, Frau Jägerlein, ich weiß nicht, was Kunde Wollmann von mir will…“) schwindet der Eindruck, dass Maschinen allein Probleme lösen könnten, zusehends. Denn: Wissen ist ohne Können nichts wert und umgekehrt. Beide zusammen sind nur im Zusam - menwirken nützlich. Die Einheit dieser Un- terscheidung nennen wir Kompetenz. In diesem Sinn wissen wir, dass Maschinen nichts können. Was seit einigen Jahren technisch möglich ist, ist Können als Lernumgebung für lernende Maschinen, lernende Software), zu benutzen. Wenn kein Bewusstsein nötig ist, können diese Systeme unbewusste Operationen oder Ideen des Gehirns nachahmen. Was dabei herauskommt, ist ein technisches System, kein lebendi- ges, das zwei freie Texte (Daten) als Frage und Antwort korrelieren, und alle anderen Texte (nicht benötigtes Wissen) ausblenden kann. Und weil das menschliche Bewusstsein Totes animieren kann („Sch… Karre, nun komm schon, spring an…!“), kann dann der Eindruck entstehen, man hätte es mit Intelligenz zu tun. Ralf Hildebrandt ist Organisationsberater bei Dynamikrobust www.teletalk.de 2/2023 TeleTalk 11